Der Akt ist sicherlich eines der ältesten Motive in der Kunst. Trotzdem wird er nach wie vor kontrovers diskutiert. Da ich mich auch, bisher allerdings mit mäßigem Erfolg, an der Aktfotogrfie versuche, möchte ich hier ein paar Gedanken über das Thema zum Besten geben.
Ich teile die Aktfotografie ganz grob in drei Bereiche ein. Der erste
Bereich deckt sich im Wesentlichen mit der Pornografie und zeigt ganz
eindeutig sexuelle Handlungen. Die Zielgruppe für diese Art von
Fotografie ist eindeutig nicht an Kunst interessiert.
Der zweite Bereich beinhaltet Fotos für Hochglanzmagazine. Die Bilder
sind technisch einwandfrei aber die Posen sind häufig belanglos
und man merkt sehr deutlich, dass es eben auch hier nur um Nacktheit
geht. Dennoch können gelegtlich auch Bilder aus diesem Bereich
überzeugen, da die pure Zurschaustellung eines schönen
Körpers durchaus seinen ästhetischen Reiz haben kann.
Der dritte Bereich umfasst die künstlerische Aktfotografie. Hier
geht es nicht mehr vorrangig um den nackten Körper, obwohl er auch
hier nicht ignoriert oder gar verleugnet werden soll, sondern um eine
künstlerische Aussage, die mit Hilfe des Körpers vermittelt
werden soll. Dieser dritte Bereich ist das Feld, dass ich mit meinen
Aktfotos bearbeiten möchte.
Häufig kommt die Frage auf, warum das Modell denn nun unbedingt
nackt fotografiert werden muss, wenn es doch nicht um eine sexuelle
Bildaussage geht. Die Frage ist naheliegend und die Antwort vielleicht
nicht so ganz offensichtlich. Ich versuche daher auch nur meine ganz
persönliche Antwort auf diese Frage zu geben. Es geht dabei weniger
um das Darstellen des nackten Körpers als um das Nichtdarstellen
von Kleidung. Aktfotografie soll die Fantasie anregen, nicht unbedingt in
sexuelle Richtung, sondern in eine vom Fotografen gesteuerte, aber dennoch
ganz persönliche Vorstellungswelt. Die Requisiten, das Licht und
Gestik und Mimik des Models sind die Parameter mit denen der Fotograf
arbeiten kann. Aber jeder Steuerungsversuch bricht zusammen, wenn die
Kleidung in eine ganz andere Richtung weist. Die Kleidung erzählt
unheimlich viel über den Menschen an sich und die Situation, in der
er sich befindet. In meinen Bildern versuche ich oft die Natürlichkeit
und Ursprünglichkeit von Naturvölkern zu symbolisieren. Das
mache ich mit Hilfe von Blättern und anderen Pflanzenteilen als
Requisiten. Auf diese Weise will ich auf eine Art irdisches Paradies,
das als Vision in meinem Kopf herumschwirrt, hindeuten. Hätte das
Modell nun eine Jeans an, wäre die Illusion kaputt.
Kleidung verrät so viel über dessen Träger. Wo er herkommt,
oder in welchem Jahrzehnt das Bild entstanden ist. Oder sie verrät
etwas über den Anlass oder die Tages- oder Jahreszeit. Auch die
soziale Stellung des Trägers wird verraten und sicherlich noch
vieles mehr. All das sind Informationen, die die Fantasie einschränken
oder in die falsche Richtung lenken.
Für mich ist künstlerische Fotografie in erster Linie Aktfotografie,
da ich den Einfluss von Kleidung auf die Fantasie vermeiden will.
Nachdem ich gelesen habe, was ich da so von mir gegeben habe, muss ich noch ein paar Worte nachschieben, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass nur Aktfotografie Kunst sein kann. Natürlich kann man auch mit bekleideten Modellen Kunst schaffen. Zum einen indem man die Kleidung als Requsit verwendet, um damit die Fantasie des Betrachters in die gewünschte Richtung zu lenken, wie zum Beispiel in dem wundervollen Projekt »The Black Series« von Claudia Wycisk. Oder indem man die Person in ihrem aktuellen Umfeld (bezogen auf die Kleidung) als Bestandteil der künstlerischen Aussage macht. Wie zum Beispiel bei dem Projekt »In the American West« von Richard Avedon.